„Seid nicht bekümmert, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke“ (Nehemia 8, 10)
 
Mittlere Glocke Vorderseite
Mittlere Glocke Rückseite

Wir leben in einer multikulturellen Welt. Moderne Medien und Globalisierung prägen unsere Zeit. Viele Menschen fühlen sich frei, ebenso viele aber auch verunsichert. Oft fehlen Orientierung und Halt. Auf viele Fragen gibt es keine einfachen Antworten. Die politische Weltlage und Berichte über Krieg und Terror verschärfen die Unsicherheit. Täglich hören wir von dem Krieg in Syrien und den schweren Konflikten in Afghanistan und von weltweiten Flüchtlingsströmen. Unsere Welt hat viele Brennpunkte. Das lässt uns nicht kalt. Die Fragen nach Gott und Lebenssinn bekommen besondere Bedeutung. Der Bibelspruch aus dem Buch Nehemia will nicht beschwichtigen und leichtfertig proklamiert werden. Er möchte ermutigen, die Fragen nach Gott und den Wurzeln des Glaubens neu zu stellen und zugleich zu einem verantwortlichen Handeln und Gottvertrauen einladen.

Die Glocken einer Kirche erinnern daran. Sie laden ein sich an Gottes Wort zu orientieren.

Sie wollen Zuversicht schenken. Sie laden in die Gemeinde ein. Gott und Jesus Christus sollen Maßstab zum Handeln und Hoffnung sein.

Viele Gedanken bewegten mich, als ich gebeten wurde, ein Bibelwort für die mittlere Glocke vorzuschlagen. Der Spruch aus dem Buch Nehemia hat mich schon in meiner Kindheit angesprochen. Wir wurden als Kinder oft belächelt, wenn wir zur Christenlehre gingen und manchmal auch benachteiligt. Ich musste oft nachdenken, was der Glaube an Gott bedeutet.

Vielen aus der Großrückerswalder Kirchgemeinde wird es ähnlich ergangen sein.

Mein Gemeindepfarrer gab mir schließlich diesen Spruch als Konfirmationsspruch. Immer wieder hat mich forthin dieser Spruch begleitet. Er gab mir Halt und Kraft. Auch in meiner Jugendzeit und während des Wehrdienstes war mir dieser Spruch sehr wichtig.

Ich ahnte nicht, dass dieses Bibelwort auch dienstlich für mich Bedeutung bekommen sollte. Während meiner Dienstzeit in Großrückerswalde begegnete mir dieser Spruch sehr oft. Er wurde gern als Leitspruch bei Segenshandlungen gewünscht. Viele Konfirmanden wählten ihn als Konfirmationsspruch. Zu Gottesdiensten und Gemeindeveranstaltungen habe ich ihn gern zitiert, oftmals auch gepredigt. Wir sangen gern das gleichnahmige Lied aus dem Liederbuch „Singt von Hoffnung“. Wie oft stürmte viel auf uns ein. Wir waren oft herausgefordert, unseren Glauben tiefgründig zu reflektieren. Wir brauchten Mut zum Bekenntnis. Wie tröstlich waren da die Worte: „Seid nicht bekümmert, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke“.

Wenn wir an die gegenwärtige Lage denken, so stellt sich die Frage erst recht:

„Was gilt denn noch ? Wo führt alle Veränderung hin? Was glauben wir Christen tatsächlich? Tragen die alten Traditionen? Was muss bewahrt bleiben? Was darf sich verändern? Wo finden wir Halt? Wie verhalten wir uns zu Muslimen?

Fragen über Fragen. Wie tröstlich, wenn die mittlere Glocke uns zuruft: „Seid nicht bekümmert, denn die Freude am Herrn ist eure Stärke“ . Mit anderen Worten: Habt keine Angst! Gott ist Herr der Lage. Entdeckt die Freude des Glaubens! Leichtfertig darf es nicht dahingesagt werden, aber mit „Freude am Herrn“.

Als dieses Bibelwort aufgeschrieben wurde, waren die Menschen voller Fragen wie wir. Es war die Zeit des Alten Testaments. Es galt, die schwere Zeit der babylonischen Gefangenschaft zu verarbeiten und wieder nach vorn zu blicken.

Die Wiederentdeckung des Glaubens und der Wiederaufbau des Tempels waren Motivation und Kraft. Die „Freude am Herrn“ war Stärke und Hoffnung. Wie ein roter Faden durchzieht die Bibel die „ Freude am Herrn“. Im Neuen Testament hören wir, wie dieser Herr den Namen Jesus Christus annimmt.

Jesus war immer mitten unter den Menschen, da, wo sie lebten, Freude und Leid teilten, da wo sie Ermutigung und Zuspruch brauchten. In dem Wort Jesu: „Ich bin bei euch alle Tage“, erfüllen sich die Worte aus dem Buch Nehemia. Als Christen bekennen wir: Jesus Christus ist unser Herr.

Die Glocken sind weithin hörbar. Sie gehören zur Tradition der Kirchen. Sie laden ein, der biblischen Botschaft zu trauen. Seit Jahrhunderten prägen die Kirchtürme unsere Städte und Dörfer.

Was wäre Großrückerswalde ohne Glockengeläut? Es fehlte ein Teil des Herzens.

Während meiner Dienstzeit wurde an den kirchlichen Gebäuden und der Wehrkirche oft gebaut und saniert. Der Kirchenvorstand hatte viele Herausforderungen zu bestehen. Ich denke an die notwendige Sanierung des Pfarrhauses mit Schaffung eines Jugendraumes (wir wohnten während dieser Zeit ein halbes Jahr im „Waisenhaus“ in Marienberg), an die Dacherneuerung der Wehrkirche mit neuen Schindeln, Wehrgangsanierung und Turmbekrönung der Wehrkirche, an die Arbeiten am Glockenstuhl und das Umhängen der Klöppel (alle drei Glocken waren aus dem Turm herausgenommen und standen im Kirchhof - uns war bewusst, dass die Wehrkirche ein neues Geläut brauchen würde – es ging um Vorarbeiten), aber auch die Orgelüberholung war an der Reihe, die Pfarrscheunensanierung mit Anbau, die Sanierung der Friedhofshalle. Viele Gemeindeglieder engagierten sich.

Auch im Gemeindeleben ereignete sich vieles, wie die Zusammenarbeit mit dem Blau-Kreuzhaus Schindelbach, die Gründung der Ev. Mittelschule und des Ev. Kindergartens und der Ev. Jugendallianz. Großrückerswalde und Mauersberg wurden in diesen Jahren auch Schwestergemeinden. Es entstand ein gutes Miteinander. Wenn ich auf meine Dienstjahre zurückschaue, denke ich an viele schöne Erinnerungen. Ich bin für all diese Jahre sehr dankbar.

Auch das Glockengeläut war stets im Blick. Die Glocken haben uns unter Gottes Wort gerufen.

Nun ist es möglich neue Glocken anzuschaffen. Viele Arbeiten sind damit verbunden.

Die Gemeinde hat Grund sich über das Engagement der Gemeinde und des Dorfes zu freuen. Viele Spender unterstützen das Vorhaben. Gott sei Lob und Dank. „Die Freude am Herrn“ darf alle Bemühungen begleiten.

Es ist mir als „Alt-Pfarrer“ eine Freude und Ehre daran beteiligt zu sein. Möge die mittlere Glocke im Dreiklang erklingen.

Ich wünsche der Gemeinde Gottes Segen.

 

Roland Lämmel
Pfarrer in Großrückerswalde von 1989-2014

Liebe Grüße und gute Wünsche auch von meiner Frau Dorothea.

 


Cookies erleichtern die Bereitstellung unserer Webseite. Mit der Nutzung unserer Webseite erklären Sie sich damit einverstanden, dass wir Cookies verwenden.